15.05.2018

Medienmitteilung: Leistungsabbau in Pflegeheimen unvermeidbar

CURAVIVA Baselland nimmt die vom Baselbieter Regierungsrat angekündigte minimale Erhöhung der Pflegenormkosten per 1.1.2019 mit grossem Befremden zur Kenntnis. Einmal mehr wurde der Verband der Baselbieter Alterszentren und Pflegeheime nicht in die Diskussion zur Festsetzung mit einbezogen.

Die vorgeschlagene Erhöhung der Pflegenormkosten per 1.1.2019 ist nicht angemessen. CURAVIVA Baselland und der eidgenössische Preisüberwacher fordern deutlich höhere Abgeltungen durch die Gemeinden, damit Heimbewohnerinnen und -bewohner endlich weniger aus eigener Tasche bezahlen müssen. Bereits mit der Einführung der Obergrenze bei den anrechenbaren Ergänzungsleistungen für den Heimaufenthalt per 1.1.2018 wurden Heime und Bewohner mit zu tiefen, bis 2021 kontinuierlich sinkenden Beiträgen abgestraft. Damit wollte man den Gemeinden ein «Druckmittel in die Hand geben, gegen die hohen Heimtarife vorzugehen und mehr Effizienz einzufordern.»

Nun doppeln Regierungsrat und Gemeindeverband nach: Laut Regierungsratsbeschluss vom 8. Mai 2018 müssen «von den Pflegeheimen Effizienzsteigerungen auch im Bereich Pflege eingefordert werden». Die ständigen unterschwelligen Botschaften, die Heime seien heute ineffizient, weisen wir mit aller Vehemenz zurück: Die Baselbieter Alterszentren und Pflegeheime werden professionell und nach klaren betriebswirtschaftlichen Kriterien geführt und sind schlank aufgestellt.

Seit 2011 sind die Baselbieter Regierungsratsbeschlüsse schweizweit «Musterbeispiel» für eine bundesgesetzwidrige Umsetzung des Krankenversicherungsgesetzes (KVG). Weder ein Kantonsgerichtsurteil gegen den Regierungsrat, weder ein laufendes Verfahren vor dem Kantonsgericht noch die regelmässige Kritik des eidgenössischen Preisüberwachers haben die Regierung dazu bewogen, anstatt finanzielle Interessen endlich diejenigen ihrer pflegebedürftigen Bürgerinnen und Bürger in den Vordergrund zu stellen.

CURAVIVA Baselland akzeptiert nicht, dass die Normkosten per 1.1.2019 erneut nicht richtig angepasst werden sollen. Noch stossender ist, dass sie per 2021 wieder gesenkt werden und zwar – nach dem jetzigen Vorschlag des Regierungsrates – auf ein noch tieferes Niveau als heute. Ertragsverluste in zweistelliger Millionenhöhe für alle Baselbieter Heime sind die direkte Folge dieser Mindereinnahmen. Verstehen Kanton und Gemeinden das unter Effizienz? CURAVIVA Baselland toleriert die neue Festlegung der Berechnungsmethodik nicht und fordert einmal mehr den sofortigen Miteinbezug in die vorberatenden Diskussionen mit Kanton und Gemeinden.

Betagt und nichts mehr wert?
Der Kanton delegiert mit dem neuen Altersbetreuungs- und Pflegegesetz (APG) Aufgaben, Kompetenzen und Verantwortung an die Gemeinden. Die Gemeinden sind dadurch in der Pflicht, Farbe zu bekennen und klar zu sagen, wie viel ihnen ihre betagten Einwohnerinnen und Einwohner wert sind.

Die aktuelle Sparpolitik von Kanton und Gemeinden steht diametral zu den kommenden Herausforderungen, welchen sich die Heime nebst dem eigentlichen Auftrag stellen müssen:  

  • Zu tiefe Pflegebeiträge 2018, 2019 und 2020
  • Sinkende Pflegebeiträge ab 2021
  • Seit 1.1.2018 keine oder zu geringe Entschädigung für Mittel und Gegenstände (MiGeL), welche für die Pflege notwendig sind
  • Steigender Mangel an Pflegefachkräften
  • Immer häufiger Eintritte von Bewohnerinnen und Bewohnern in den letzten Lebenswochen, wo palliative Pflege und Betreuung im Vordergrund stehen
  • Späterer Eintritt und vermehrte Mehrfacherkrankungen (Multimorbidität) der Bewohnerinnen und Bewohner
  • Keine Abgeltung für die obligatorische Einführung des elektronischen Patientendossiers (EPD)
  • Keine Abgeltung für die Betreuung von an Demenz erkrankten Bewohnerinnen und Bewohner
  • Keine Abgeltung für das notwendige Angebot von alterspsychiatrische Dienstleistungen
  • Steigende Kosten und erhöhter administrativer Aufwand aufgrund des neuen Altersbetreuungs- und Pflegegesetzes (APG) seit 1.1.2018
  • Stark erhöhter administrativer Zusatz-Aufwand aufgrund des neuen Gesetzes über die Ergänzungsleistungen  
  • Steigende Kosten für Aus- und Weiterbildungen von Pflegenden
  • Keine Abgeltung für neue obligatorische Vorgaben im Bereich Qualität (Betriebsbewilligungen, Kontrollen, Audits)
  • Finanzierung einer unabhängigen Ombudsstelle

Wir weisen erneut darauf hin, dass wegen der aktuellen und sich verschärfenden ungenügenden Finanzierung der Pflegeheime sowie der nichtfinanzierten grossen bevorstehenden Aufgaben ein massiver Personal- und Leistungsabbau in den Heimen unvermeidbar sein wird. Die heutige gute Pflege- und Betreuungsqualität ist mit der jetzigen einseitigen Tarifpolitik von Kanton und Gemeinden akut gefährdet.

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